Raspberry Pi 5

(mehrfach aktualisiert zwischen 11.10.2023 und 20.12.2023, jetzt mit eigenen Tests)

Völlig überraschend hat die Raspberry Pi Foundation heute den Raspberry Pi 5 vorgestellt. Die wichtigsten Eckdaten im Überblick:

  • Neuer SoC (BCM2712 mit Quad-Core Cortex-A76) mit ca. zwei- bis dreifacher CPU-Leistung
  • Höherer Stromverbrauch (Leerlauf 3,25 W, Vollast 8,6 W ohne externe Geräte, laut heise.de)
  • Höhere Anforderungen an das USB-C-Netzteil: 5V/3A DC Minimum (15 W), 5V/5A DC empfohlen (25 W)
  • Lüfter empfohlen, es gibt einen eigenen Lüfteranschluss
  • Vorerst Modelle mit 4 und 8 GiB RAM
  • Weiterhin SD-Card als primärer Datenträger
  • Neuer SD-Card-Transfermodus SDR104 verspricht 100 MByte/s bei kompatiblen SD-Karten
  • PCIe-SSDs sollen in Zukunft über Erweiterungen (HATs) unterstützt werden
  • Ein/Aus-Schalter
  • Kein 3,5-mm-Klinkenstecker mehr (ungünstig für Audio-Anwendungen)
  • Sonstige Anschlüsse (GPIO, 4xUSB, 2x MicroHDMI, Ethernet) kompatibel zu den bisherigen Pis
Raspberry Pi 5

Das Gerät soll ca. ab Ende Oktober lieferbar sein. Die Preisempfehlung lautet 60 $ für das 4-GiB-Modell, 80 $ für das 8-GiB-Modell. Welche €-Preise sich daraus ergeben (inklusive Umsatzsteuer, evt. inklusive neuem Netzteil + Lüfter), muss abgewartet werden.

Erste Tests

Die Raspberry Pi Foundation hat mir dankenswerterweise ein Vorab-Exemplar für Journalisten zukommen lassen. Die Inbetriebnahme gelang erwartungsgemäß mühelos. Wie alle anderen Webseiten kann auch ich bestätigen, dass der Rechner bei der Desktop-Nutzung jetzt unglaublich schnell ist. Bei einem Neustart dauert es nur wenige Sekunden, bis der Desktop erscheint. (Das geht definitiv viel schneller als bei meinem 2000-EUR-Notebook, auch wenn dieses zugegebenermaßen nicht mehr ganz neu ist. Dennoch faszinierend.)

Der winzige Ein/Aus-Schalter ist eine unscheinbare aber dennoch enorm zweckmäßige Verbesserung und schont sicher die USB-C-Buchse für die Stromversorgung. Bisher war es immer notwendig, das Kabel zu lösen und neu einzustecken, um einen ausgeschalteten Raspberry Pi wieder in Betrieb zu nehmen. Jetzt reicht ein Tastendruck.

Sehr empfehlenswert ist der von der Raspberry Pi Foundation angebotene Lüfter. In Kombination mit Raspberry Pi OS wird dieser nur bei Bedarf verwendet. Im Leerlaufbetrieb bleibt der Lüfter ausgeschalten, der Raspberry Pi profitiert aber dennoch vom relativ großen Kühlkörper. Die Temperatur beträgt dann ca. 45 bis 50°C — mehr als genug. Nur bei CPU-intensiven Aufgaben springt der Lüfter an und sorgt für eine aktive Kühlung und somit mehr Rechenleistung. (Ohne Kühlung reduziert der Raspberry Pi automatisch die CPU-Frequenz.)

Kamera/Display-Anschluss

Die Anschlüsse für die Kameras und Mini-Displays haben sich geändert. Bei früheren Modellen gab es zwei CSI-Anschlüsse (Camera Serial Interface) für Flachbandkabel, wobei ein Anschluss für die Kamera und der zweite für ein externes Display gedacht war.

Beim Raspberry Pi 5 gibt es dagegen zwei kleinere FPC-Anschlüsse (Flexible Printed Circuit), die universell verwendet werden können: Es ist also jetzt möglich, zwei Kameras oder zwei Displays anzuschließen.

Falls Sie schon ein Kameramodul besitzen, brauchen Sie allerdings ein neues Verbindungskabel (Kostenpunkt ca. 2 EUR). Beim Anschließen müssen Sie darauf achten, dass die mit Kontakten versehene Seite des Flachbandkabels in Richtung Ethernet-Buchse zeigt.

Kamera-Modul 3 mit neuem, FPC-kompatiblen Kabel

Raspberry Pi OS

Meinem Exemplar lag eine SD-Karte mit einer Vorab-Version von Raspberry Pi OS Bookworm bei (also auf der Basis von Debian 12). Auf den ersten Blick hat sich an der Desktop-Oberfläche wenig geändert.

Hinter den Kulissen ist mehr neu:

  • Der Kernel läuft standardmäßig im 64-Bit-Modus.
  • Die Netzwerkkonfiguration erfolgt über den NetworkManager (kein dhcpcd mehr).
  • Die gesamte Software hat Debian 12 als Fundament (d.h. z.B. Python 3.11).

Bei meinen Tests verlangte Mathematica einen Lizenzcode. Ob es dabei bleibt, kann ich nicht sagen — das wäre sehr schade.

Mehr Infos zu Raspberry Pi OS Bookworm folgen demnächst auf diesem Blog.

Einschätzung

Die höhere CPU-Leistung ist vor allem bei der Anwendung des Geräts als Desktop-Rechner, zur Software-Entwicklung bzw. als Media-Center spannend. Aus dieser Perspektive ist es sehr schade, dass der Pi 5 weiterhin keine Möglichkeit bietet, SSDs direkt anzuschließen. Zwar gibt es eine neue PCI-Schnittstelle; die soll in Zukunft über ein Erweiterungs-Board (HAT) genutzt werden können. Das ist aber eine umständliche und teure Lösung.

Aus Bastel-Perspektive war schon die Leistung der bisherigen Modelle (3B+, 4B) ausreichend. Diese Modelle werden — sofern sie zu vernünftigen Preisen lieferbar sind — weiterhin eine attraktive Basis für Bastelprojekte bleiben. Das neue Modell 5 ist aus Maker-Sicht dagegen ein zweischneidiges Schwert: Ja, mehr CPU-Leistung ist immer gut. Aber die höheren Anforderungen an Netzteil und Lüfter sowie der Umstand, dass es vorerst keine Modelle mit weniger als 4 GiB RAM geben soll, führen zu einer massiven Preissteigerung selbst für Minimal-Setups. Auch der höhere Strombedarf im Leerlauf ist kein Pluspunkt.

Quellen/Links

PS: Eine Neuauflage des Raspberry-Pi-Buchs wird im Frühjahr 2024 erscheinen.